Die Mutter wartet immer. Sie wartet am Hafen, ihre Haare mischen sich mit dem Dunst und ihre Augen, feucht wie ihr Herz, suchen das Boot ihres Sohnes in der Dunkelheit.
Der Leuchtturm versucht, die Seemänner zu führen, aber es ist zwecklos. Der Nebel bedeckt die See und nur die Wellen durchschneiden ihn. Die Angst erstickt ihre Tränen, aber warum soll sie weinen? War sie nicht schuldig? Als ihr Mann gestorben ist, hatten sie nichts zu Essen und der älteste Sohn musste in See stechen. Für ihn war es keine Bestrafung sondern ein Preis. Er liebte schon immer die See. Als er ein Kind war, stand er sehr früh auf, um mit seinem Opa zu gehen. Die Mutter wollte nicht, dass ihr Sohn mit dem Opa zum Fischen ging. Sie wollte nicht noch einen Fischer in der Familie haben. Der Opa wusste es, und wollte nicht seine Tochter ärgern, aber er wusste auch, dass sein Enkel Salpeter in den Adern hatte, und das war zu stark...
Das Kind versteckte sich und der Opa tat so, als ob er ihn nicht gesehen hätte. Er ging weg und später kam der Enkel: "Opa, Opa, du hast deine Pfeife vergessen!", "Na, so was! Ich bin ein schwachköpfiger Alter", sagte er dann. Natürlich wusste er, dass er die Pfeife zu Hause gelassen hatte. Die Mutter sah vom Fenster aus, wie der Opa und das Kind sich entfernten. Sie sahen beide so froh aus...
Inzwischen blieb die Mutter zu Hause, sie war immer allein. Ihr Mann ist um Mitternacht in See gestochen, und er würde nicht bis sechs Uhr nachmittags zurückkommen. Der Opa fing Meeresfrüchte und das war eine gute Hilfe für den Haushalt. Manchmal waren die Winter zu lang und kalt, deshalb näherten sich die Fische nicht bis Juni der Küste. Manchmal gab es zu viele Fische und der Preis sank wie Ballast.
Ein schweres Leben, das Leben der Seemänner. Die Gewitter, der Wind, der Regen, der Nebel... alles dagegen. Der eigene Gott, zu dem die Frauen beten, der eigene Gott, der die Leben ihrer Männer nimmt. Ein Gott, der bestraft, ein Gott, der belohnt, der Gott der Bibel.
Hier kommt die Nacht. Die Mutter wartet noch am Hafen. Es gibt mehr Frauen dort. Plötzlich bricht eine Stimme die Stille der Nacht. "Ein Licht". Richtig: zwischen beiden Armen des Hafens sieht man ein rotes und ein grünes schwaches Licht, Backbord und Steuerbord. Bald erscheint der unscharfe Schattenriss eines Schiffes. Auf dem Bug drei müde Männer. Einer ist der Sohn. "Endlich kommt er! Wohlbehalten!", denkt die erleichterte Mutter, und sie bedankt sich beim Himmel. Das Gesicht des Sohnes zeigt, dass es heute nicht viel Glück gab. Vielleicht morgen.
Während die Fische sich in der See ausruhen und ein blasses Betttuch die Erde und die See bedeckt, während die Möwen in der Steilküste weinen und der Wind den Wolken die Geschichte von einem Schiffbruch erzählt, entfernen sich zwei Leute, die Mutter und der Sohn. Morgen wird die Mutter noch einmal am Hafen warten, weil die Mutter immer wartet.
PS: Diese Geschichte widme ich allen Müttern, die uns alles gaben, die sich immer um uns kümmern. Gott sei Dank für euch!
2 Kommentare:
Sehr schön...
Eine Wundervolle Geschichte.
Sehr angenehm zu lesen,
aber trotzdem leicht melancholisch.
Wirklich grandios verfasst.
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